Vor 50 Jahren begann die Reise von HP und Vreni Nüesch mit und bei Campus für Christus Schweiz. Die beiden haben tiefe Spuren hinterlassen. Im gemeinsamen Gespräch geben sie Einblick in ihre Erfahrungen und Hoffnungen.
Alles begann 1973 mit dem «Kurs für ansteckendes Christentum» in Amriswil, an dem HP und Vreni teilnahmen. Heute würde wohl ein solcher Kurstitel für mehr Fragen als für Anmeldungen sorgen, aber jene Tage – das persönliche Erfahren der Kraft des Heiligen Geistes und das Miterleben, wie Menschen in der Folge Jesus in ihr Leben einluden – weckten eine Sehnsucht in dem damals noch jungen Ehepaar, die bis heute spürbar ist. Wenn Vreni und HP über ihre erste Zeit als Mitarbeitende bei Campus für Christus erzählen, leuchten ihre Augen und sie strahlen grosse Freude und Dankbarkeit aus für all das, was sie in den fünf Jahrzehnten bei Campus für Christus erleben und teilen durften.
1976 liessen sich die beiden als vollzeitliche Mitarbeitende zu Campus für Christus berufen. Es war die Entscheidung gegen eine vielversprechende Karriere in der Wirtschaft und im Familienbetrieb und für ein Leben als «Missionare» in einem kleinen Werk mit grossen Ambitionen. Seine unternehmerische Energie brachte HP zunächst bei der Gründung der Arbeit unter Studierenden ein, später in der «Aktion Neues Leben», bei mehreren EXPLO-Konferenzen, bei Pionierprojekten im Ausland und als Programmverantwortlicher bei Christustagen.
Mit drei grossen Zielen übernahm HP 1983 die Leitung von Campus für Christus, die ihn und Campus für Christus über 30 Jahre lang bewegen und antreiben sollten: (1) In jedem Ort der Schweiz sollten erweckliche Gemeinschaften entstehen, (2) geisterfüllte Leiterinnen und Leiter in allen Bereichen der Gesellschaft gefördert und (3) geistliche Ströme in Form von Know-how, Menschen und Finanzen freigesetzt werden. Zu diesen drei Zielen kam im Laufe der Zeit die Förderung der Einheit unter Christinnen und Christen als weiteres wichtiges Ziel dazu, das Campus für Christus in der Schweiz wesentlich prägen sollte. «Denn mir wurde bewusst, dass die ersten drei Ziele nur in Gemeinschaft mit dem ganzen Leib Christi erreicht werden könnten. Nicht zuletzt sollten die EXPLO-Konferenzen dazu dienen», so HP.
Wenn HP von seiner ersten Begegnung mit Pfarrer Ernst Sieber und Weihbischof Martin Gächter erzählt, blitzt sie wieder auf, diese Leidenschaft für Einheit von Christinnen und Christen aus unterschiedlichen Traditionen und Denominationen. Als Vorreiter bereiteten HP und Vreni zusammen mit anderen den Weg, auf dem sich Campus für Christus auch heute noch für das Miteinander der Kirchen in der Schweiz einsetzt.
Ein erstes Highlight war die «Aktion Neues Leben», durch die in den 1980er-Jahren über 3000 Bibel-Gesprächskreise entstanden sind. Vreni erinnert sich gerne an diese Zeit: «Bis heute hören wir, was die ‹Aktion Neues Leben› bewegt hat. Tausende Christen haben sich aktiv beteiligt. Hunderte von Gebetsseminare und Kurse über ‹Vom Glauben reden lernen› wurden landauf landab durchgeführt. Und überall hingen Plakate ‹Neues Leben – schon gefunden?›».
Über die Jahre hinweg konnten verschiedene Ministries gegründet und Dienste in vielen Ländern gestartet werden. Immer wieder betonen die beiden, wie Gott sie im Lancieren von neuen Diensten und Projekten mit offenen Türen überrascht hat. Die Dankbarkeit darüber, all das miterlebt zu haben, und die Faszination für das einende und kraftvolle Wirken des Heiligen Geistes sind bis heute gross. Ein Highlight, das sich auf besondere Art in die Geschichte der Nüeschs eingebrannt hat, ist der Christustag 2004: «Zweimal brach die Sonne durch, als am 13. Juni die Fahnenträger der (damals) 2786 politischen Gemeinden und die 117 Nationalflaggenträger das Fussballfeld im Basler Joggeli betraten. Es war, als würde Gott uns damit seine Freude darüber zeigen, dass Christinnen und Christen sich dazu verpflichten, fortan für ihre Mitmenschen zu beten und sie unter den Segen Gottes zu stellen.»
Aber es gab auch schwierige Momente, bei denen Campus für Christus Gefahr lief, von einer lebendigen Bewegung zu einer toten Maschine zu mutieren. Alles schien äusserlich gesehen zu funktionieren, aber das innere Feuer fehlte. Da half es, das geplante Programm zu streichen und gemeinsam im Gebet auf Gottes erneuerndes Wirken zu warten – was dann auch, Gott sei Dank, nicht ausblieb.
Zuweilen fühlten sich Nüeschs zu Unrecht angegriffen, weil sie mit Campus für Christus gewisse Glaubensgeschwister unterstützten, die nicht zum evangelikalen Mainstream gehörten. «Gott lehrte uns, nicht selbst zu kämpfen oder uns zu verteidigen, sondern ihm die Sache zu übergeben und die Menschen unter seinen Segen zu stellen.» In dieser Zeit entstand das Motto, das HP seitdem begleitet: Lobe Gott. Segne Menschen. «Auch wenn mir das nicht zu 100 Prozent gelungen ist, versuche ich auch heute noch, danach zu leben – es hat sich hundertfach bewährt.»
In den Anfangsjahren gab es auch Situationen, in denen man statt auf Gott mehr auf die Stimmen von Mitchristen hörte, die meinten, dies oder jenes sei so gesegnet gewesen, dass man es unbedingt wiederholen sollte. Manchmal sei sicher auch ein wenig Stolz im Spiel gewesen, wenn er zu wenig nach Gottes Willen gefragt habe, so HPs ehrliche Bilanz. Später habe man in der Missionsleitung vor wichtigen Entscheidungen immer eine Zeit des hörenden Gebets eingelegt und Gott um seine Bestätigung gebeten. «Das hat uns vor manchen Fehlern bewahrt.»
Mit einem freundlichen Grinsen sagt HP dann: «Vielleicht war es mein wichtigster Beitrag bei Campus für Christus, alles zu tun, um dem Wirken des Heiligen Geistes nicht allzu sehr im Weg zu stehen», und fügt dann mit einem ernsteren Ausdruck hinzu: «Leider ist es dann doch hie und da vorgekommen, dass ich Gott nicht vertraute oder mein allzu menschlicher Verstand mir in die Quere kam.» Genau solche Momente lehrten den sonst so selbstbewussten Leiter und Macher zwei wichtige Dinge: Vertrauen und Demut. Gott habe sich nie um HPs Pläne gekümmert, sondern ihn die Spannung zwischen Abwarten und Aktivwerden auszuhalten gelehrt. So sind Ministries wie FAMILYLIFE, Crescendo oder auch die Diplomatenarbeit nicht dann entstanden, als HP es geplant hatte, sondern als Gott es für richtig erachtete.
«Campus für Christus soll ein Katalysator für das Entstehen von geistlichen Bewegungen sein», sind HP und Vreni überzeugt. Deshalb sei die Eigenschaft, Spannungen aushalten zu können, entscheidend. Den richtigen Moment und die offenen Türen abzuwarten, wann es Campus-Energie braucht, damit geistliche Ströme freigesetzt werden können, die auch über die Schweizer Landesgrenzen hinausgehen.
Während HP und Vreni in all der Zeit Campus für Christus mitgeprägt haben, wurden sie selbst durch Christus, für den sie voller Begeisterung und mit grossen Erwartungen vorangingen, verändert, herausgefordert und belebt. Und genau das wünschen die beiden Campus für Christus für die Zukunft: In aller Arbeit soll es um Christus und sein Versöhnungswerk am Kreuz gehen, das unbedingt im Zentrum bleiben muss. Dazu gehöre auch die Demut, anzuerkennen, dass Campus für Christus als Missionsbewegung nur ein kleiner Teil eines viel grösseren Projektes Gottes ist. «Es geht immer um Christus, nicht um Campus.» Vreni und HP sind dankbar, dass Gott Campus für Christus unter der Leitung von Boppi mehr denn je auf wunderbare Weise braucht. Die Sehnsucht nach immer mehr von Christus ist offensichtlich, und dazu können beide nur «Amen» sagen.